Der letzte Fußabdruck oder: GRÜNER STERBEN
Ostern steht vor der Tür und hat bekanntlich ein „bisschen“ mit Tod & Auferstehung zu tun.
Der richtige Anlass, um das nachhaltige Geschäft mit dem grünen Tod und der klimaneutralen Bestattung genauer unter die Lupe zu nehmen…
Ausgangssituation:
In Österreich sterben jährlich knapp 100.000 Menschen, für Deutschland gilt der Faktor 10 – also fast eine Millionen Menschen. Da die Beerdigung einen ausschlaggebenden Effekt auf die Umwelt hat, ist es wichtig, in diesem Bereich auch ein entsprechendes Bewusstsein zu schaffen. Denn auch das Ende des Lebens zahlt auf den ökologischen Fußabdruck jedes Menschen mit ein. Allein die Krematorien verursachen jährlich Zig Tausende Tonnen CO2. Hinzu kommen weitere Faktoren, die mit der Beerdigung zusammen hängen und CO2 ausstoßen: wie der Transport im Bestattungswagen, die Lagerung, der Aushub auf dem Friedhof, die Bodenversiegelung etc. und zum Schluss die Urne an sich.
Der Tod eines Menschen ist traurig, auch für den Planeten. Eine Kremation benötigt etwa fünf Kubikmeter Erdgas. Das entspricht 50 Kilowattstunden – mit derselben Energie läuft ein Fernseher rund 500 Stunden lang.
Wer seinen letzten ökologischen Fußabdruck möglichst klein halten möchte, kann aus unterschiedlichen Angeboten auswählen. Diese reichen von der Bio-Urne im Waldfriedhof bis zu völlig klimaneutralen Bestattungspaketen a la „Reerdigung“. Die meisten Bestattungsunternehmrn oder auch der Wiener Zentralfriedhof bieten so etwas an.
Es ist ein schmaler Grat zwischen Pietät und Profit, auf dem Bestattungsunternehmen wandeln müssen. Konkurrenzkampf herrscht auch in dieser Branche, man muss sich von den Mitbewerbern abheben und dabei noch das nötige Taktgefühl bewahren
Die Zeit der traditionellen Reihengräber neigt sich scheinbar dem Ende zu – der Friedhof ist tot, könnte man mit etwas schwarzem Humor dazu sagen…
Wer nachhaltig und umweltbewusst lebt, möchte auch mit der eigenen Bestattung keinen großen CO2-Fußabdruck hinterlassen und kann sich sogar klimaneutral bestatten lassen. Die Vermeidung der Emissionen ist in vielen Bereichen des Lebens zu finden, und nun auch wenn der Lebenszyklus sich schließt: bei der Beerdigung. Klimaschutz bis über den Tod hinaus.
Naturbestattungen haben Hochkonjunktur. Mehr als die Hälfte der Menschen, die jetzt vorsorgen und ihr Begräbnis planen, wünschen sich eine Naturbestattung. Die wollen den Friedhof nicht mehr. Beliebt sind Baumbestattungen, bei denen die Asche des Verstorbenen in einer biologisch abbaubaren Urne im Wurzelbereich eines Baumes beigesetzt wird.
Nachhaltigkeit war bisher selten ein Kriterium bei der Auswahl der Bestattungsform. Das Angebot für klimafreundliche Beisetzungen wächst. Die Frage, welche Bestattungsform für die Umwelt am besten ist, wird immer wichtiger.
Die herkömmlichen Erdbestattungen gelten als wenig nachhaltig. Für die Produktion des Sargs werden wertvolle Ressourcen verbraucht. Zudem können Sargmaterial und Innenausstattung umweltschädliche Stoffe enthalten. Auch die Feuerbestattung, die in Österreich mit über 50%, in Deutschland und der Schweiz sogar mit 80& aller Bestattungen mit Abstand am öftesten gewählt wird, hat durch die damit einhergehende Einäscherung eine eher negative Klimabilanz. Aber auch die Feuerbestattung soll klimaneutraler werden. Zum Beispiel durch Kühlhäuser, in denen die Verstorbenen auf die Einäscherung warten, die mit Ökostrom der örtlichen Stadtwerke betrieben werden. Öfen können mit Bio-Methan aus nachwachsenden Rohstoffen betrieben werden. Und die Abwärme kann genutzt werden, um angrenzende Gebäude zu heizen.
Um den CO2-Ausstoß zu verringern, gibt es erste CO2-neutrale Urnen auf dem Markt. Solche ökologischen Urnen werden aus CO2-neutralem lokalen Walnussholz gemacht, kommen ohne Farben, Metalle, Zusatzstoffe oder künstliche Kleber aus, werden. Deswegen ist die Urne zu 100% biologisch abbaubar, schadstofffrei und wird sich unbedenklich nach der Bestattung zersetzen und zurück zur Natur gelangen. Bei der Zersetzung entsteht nicht mehr CO2 als vorher beim Wachsen des Baumes absorbiert wurde. Jede Urne löst sich über die Jahre auf und wird im Erdreich abgebaut. Mittlerweile gibt es Biournen, die sich schneller zersetzen und keine umweltschädlichen Rückstände hinterlassen. Auf vielen Friedhöfen sind Biournen mittlerweile vorgeschrieben. Die Asche von Verstorbenen ruht dann in biologisch abbaubaren Urnen, die unter Bäumen beigesetzt werden. Auch eine unbehandelte Holzurne ist eine biologische Urne.
Ein weiterer Trend geht eindeutig hin zur Naturbestattung: In der Natur, unterm Baum, mit der Erde verbunden. Es gibt mehrere Arten von Naturbestattung, allen voran aber die Waldbestattung bzw Baumbestattung. Hier gibts schon einige Anbieter in Österreich, u.a. https://friedensforst.at. Dort wird die Bio-Urne in einem der 13 Friedensforst-Wälder in der Steiermark oder Kärnten beigesetzt: Oder „paxnatura“ ein Anbieter, der seine Waldzonen über ganz Österreich verteilt hat – unter dem Motto:
„Frieden findet man nur in den Wäldern.“ (Michelangelo)
Für mich klingt das idyllisch. Seine letzte Ruhe mitten im Wald zu finden-und auch selber wieder ein Teil der Natur zu werden. Das Zwitschern der Vögel, der Duft von Laub, das Rauschen der Blätter und das Knacken der Äste spenden auch den Angehörigen Trost. Der Wald macht die Menschen frei, auch wenn viele einen traurigen Anlass haben, hierherzukommen. Die Trauer ist da, aber hier kann man ev. besser damit umgehen. Zumindest für mich hat der (Laub)-Wald etwas Tröstliches und Friedliches.
Hier werden biologisch abbaubare Urnen mit der Asche Verstorbener unter Bäumen beigesetzt. Der Wald ist naturbelassen, lediglich eine kleine Namenstafel am Baum kennzeichnet die Baumgrabstätte. Die Grabpflege übernimmt hier die Natur. Grabschmuck ist nicht erlaubt, denn Kerzen, Gestecke und Grabsteine passen nicht in die Natürlichkeit des Waldes. Stattdessen zieren Moose und Farne, funkelnde Schneekrisralle, buntes Laub, Frühblüher etc jahreszeitlich passend die Baumgräber. Natur und Wald fangen die Trauer auf: Meistens weist eine Namenstafel darauf hin, dass hier jemand an einem Baum ruht. Die Grabstätten sind so individuelle Orte des Gedenkens und Erinnerns.
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Einen Schritt weiter in Richtung „grüne Beisetzung“ geht z.B. Bestattung Wien am Zentralfriedhof. Hier kann man nun auch eine Pilzurne als klimabewusste, letzte Ruhestätte wählen. Die neue Urne ist CO2-neutral aus Pilzmyzel hergestellt. Pilze sind die größten Recycler der Natur. Die Urne kann mit einem mitgelieferten Naturmalfarbenset persönlich gestaltet werden und zersetzt sich wie der Pilzsarg innerhalb von nur 45 Tagen nach der Beisetzung vollständig. Das Sortiment der Bestattung Wien wird anlässlich der Einführung der Pilzurne und des neuen Pilzsargmodells um die Produktlinie „Zurück zur Natur“ erweitert.
Zuletzt wurde dort auch eine „Weltneuheit“ präsentiert: Ein „lebender“ Sarg aus Pilzen ermöglicht jetzt Naturbestattungen ohne vorherige Verbrennung. Bis dato waren diese nur mit Urnen erlaubt. Dahinter steckt die wunderbare Idee, in den Kreislauf des Lebens zurückzukehren, und das, ohne die Umwelt mit Giftstoffen aus dem Körper und dem Sarg zu belasten. Da Pilze als die „größten Recycler der Natur“ gelten, ist das wahrscheinlich der natürlichste Weg, begraben zu werden. Der Pilzsarg löst sich samt Inhalt in wenigen Monaten auf. Das Material fühlt sich leicht, weich und warm an und schaut auf den ersten Blick aus wie Styropor. Die Erfindung zersetzt den Körper schneller und verwandelt ihn zu wertvollem Kompost. Beim Wachstumsprozess des Sargmaterials entsteht kein CO2, während der Kompostierung werden Giftstoffe neutralisiert und der Boden regeneriert.
Menschen, welche eine Feuerbestattung aus den verschiedensten Gründen ablehnen, können mit dem Loop Sarg eine Naturbestattung ohne Kremierung in Anspruch nehmen. Der lebende Sarg besteht aus Pilzen. Der eigentliche Pilz besteht aus dem Myzel, dem Pilzgeflecht. Die Myzelien werden in einer geeigneten Passform in sieben Tagen ohne Einsatz von Wärme, Strom oder Licht herangezüchtet. Sobald der Sarg seine Grundform erreicht hat, wird das Geflecht getrocknet. Das Wachstum des Pilzes wird dabei unterbrochen und er wird in eine Art Ruhestand versetzt.
Es entsteht bei der Produktion des Sarges kein CO2. Nach der Beisetzung belebt das Grundwasser wieder das Myzelgeflecht und Verstorbene kommen so wieder in den Kreislauf der Natur zurück. Die Einbettung besteht wahlweise aus grünem Moos oder Baumwolle. Der Living Cocoon Pilzsarg ist der natürlichste Weg, wieder eins zu werden mit der Natur. Er ist biologisch abbaubar, macht uns selbst zur Quelle neuen Lebens und der Kreislauf des Lebens schließt sich. Der lebende Sarg wird zu 100% von der Natur geschaffen. Er zersetzt sich selbst, die Myzelien neutralisieren dabei Toxine der Erde und des Körpers. Er regeneriert verschmutzte Böden und erhöht die Artenvielfalt. So kann neues Leben gedeihen. Über Jahrhunderte wurden Menschen vor allem im Holzsarg bestattet, für diese neue „ultimative Naturbestattung“ müssten nun keine Bäume gefällt mehr werden. Kostenpunkt ca. 1000.-
DER LETZTE SCHREI: Die sog. Reerdigung: wie aus Körper Kompost wird –
postHum sozusagen;-)
Ein revolutionäres Angebot einer «ökologischen Bestattungsalternative» – also eine Öko-Variante des Verwesens für jene, die sich ihre mit Veganismus und Flugabstinenz mühsam erarbeitete Kohlenstoffbilanz postHum nicht versauen wollen.
Die Reerdigung ist ein neues Bestattungsverfahren. Derzeit laufen dazu verschiedene Pilotprojekte mit Sondergenehmigung. Aktuell ist das Verfahren bei uns noch nicht zugelassen. In den USA existiert diese Bestattungsform bereits seit dem Jahr 2021.
In 40 Tagen wird der Körper zu wertvoller Erde: Natürlich. Friedlich. Nachhaltig.
Dabei „verwandelt“ sich der Leichnam in Kompost und geht mit der anschließenden Beisetzung wieder in den natürlichen Kreislauf der Natur über. Da die Reerdigung ohne Sarg und Einäscherung auskommt, wird sie zu den klimafreundlichsten Bestattungsarten gezählt.
Was genau passiert da? Die Umwandlung des Corpus zu Humus durch moderne grüne Technologie. Bei der Reerdigung wird der Verstorbene in einem sargähnlichen Behälter, dem sogenannten Kokon, auf Heu und Blumen gebettet und kompostiert. Mithilfe von Mikroorganismen und moderner grüner Technologie startet der Zersetzungsprozess. In einem Zeitraum von etwa 40 Tagen wird der Leichnam zu Kompost. Zukünftig soll die Kompostierung in sogenannten Alvarien (der umgebende Raum um einen Kokon) stattfinden. Alvarium ist das lateinische Wort für Bienenstock- in Anlehnung an den Begriff Kolumbarium (Taubenschlag) für Urnenbegräbnisstätten.
Nach der Zersetzung wird der Kompost aus dem Kokon entnommen und in ein Erdgrab gelegt. Der Aushub innerhalb der bodenaktiven Schicht (30-50cm) wird dann mit einer Schicht Friedhofserde bedeckt. Ein Grabstein kann im Vorfeld gesetzt werden. Die Hinterbliebenen haben die Möglichkeit, das Grab in üblicher Weise zu bepflanzen, zum Beispiel mit einem Rosenstock, Stauden oder Bodendeckern. danach wird der Kokon wieder aufbereitet, um den Prozess mit anderen Toten zu starten.
Verglichen mit der Feuerbestattung spart die Reerdigung bei jedem Verstorbenen etwa eine Tonne CO2. Für eine optimale „Transformation“ werden Feuchtigkeit, Temperatur und Sauerstoff im Inneren des Kokons kontrolliert und gesteuert. Bei der Zersetzung durch Mikroorganismen entstehen Temperaturen von bis zu 70 Grad. Ein natürlicher Prozess, der scheinbar ohne zusätzliche Energie, Ressourcen und chemikalische Zusätze vonstattengeht. Die Kosten einer Reerdigung sollen etwa 2.900 Euro betragen.
So sieht der Kokon für die Reerdigung aus. In 40 Tagen wird darin der Leichnam zu Erde.
Im Vergleich zur Feuerbestattung spare die Reerdigung bei jedem Toten eine Tonne CO2 ein. Die Transformation vollzieht sich ohne den Zusatz von Chemie. Lediglich künstliche Körperteile wie Hüftgelenke bleiben zurück. Die Knochen müssten wie bei der Einäscherung im Krematorium anschließend noch verfeinert werden, wie man das Zermahlen der Gebeine in speziellen Mühlen so elegant benennt. Man wirbt mit „Nachhaltigkeit zum fairen Preis“ um ca 3000.-
In einer futuristischen Form gibt es dieses Bestattungsverfahren in den USA.
Dort kommt der Körper in Waben, die wie ein Waldboden in einem Raumschiff anmuten sollen. Zuvor wird der Leichnam in einem Ritual für seine letzte Reise hergerichtet. Dazu wird ein gelbes Leinentuch über den Körper gebreitet. Anschliessend kommen Holzspäne und Stroh darauf und das Ergebnis wird mit bunten Schnittblumen bekränzt. In dem Video seht ihr, wie das Prinzip dieser neuen und ökologischen Bestattungsmethode funktioniert. Sensationell! Zurecht wird von einer «ökologische Bestattungsrevolution» gesprochen. Auf Friedhöfen soll nicht mehr so viel begraben und vor allem verbrannt werden, stattdessen sollen sich die Leichen in einer Art Turbo-Komposter (Cocon) zersetzen.
Der oder die Verstorbene wird in dem Behältnis auf einem Bett aus Pflanzen niedergelegt. Der Kasten wird verschlossen, und schon beginnen Bakterien mit ihrer Arbeit und zersetzen den Körper zu ganz gewöhnlicher Erde – und das binnen 40 Tagen. Luft- und Wasseranschlüsse im Kokon sorgen für ein optimales Zersetzungsklima, ähnlich wie in den Tropen sollen warm und feucht sein. Ein paradiesischer Abschied. Während des Verfallsprozesses kann der Körper Temperaturen von 55 bis 70 Grad annehmen. Diese zerstören laut den Wissenschaftern schädliche Mikroorganismen und der Humus wird keimfrei.
Getestet wurde dieses Verfahren übrigens zunächst an Hühnern, später an Schweinen. Die Bakterien, die zur Zersetzung des Leichnams nötig sind, bringt der oder die Tote sozusagen selbst mit: Bestimmte Bakterienarten sind im Darm und helfen uns bei der Verdauung – solange wir leben. Wenn ein Organismus stirbt, arbeiten diese Bakterien einfach weiter und verdauen den Körper selbst. Andere Bakterien und Mikroorganismen kommen dann später über die Luft oder die fliegenden Sporen von Schimmelpilzen hinzu. Sauerstoff beschleunigt die Verwesung enorm. Das Ziel der neuen Methode Reerdigung ist es, dass der Mensch zu fruchtbarem Humus wird: Im menschlichen Körper sind viele Nährstoffe gebunden, wie zum Beispiel Fette, Kohlenhydrate, Eisen und Kalziumkarbonat in den Knochen. Diese Nährstoffe bei einer Verbrennung im Krematorium in die Luft zu blasen, ist unökologisch und entzieht der Erde wichtige Stoffe. Mit der Verwandlung des Körpers in Erde, aus der dann wieder andere Tiere und Pflanzen Nährstoffe ziehen und nutzen können, wird der Kreislauf der Natur vom Werden und Vergehen auf wundersame Weise wieder geschlossen.
Viele Menschen wünschen sich auch, nach dem Tod irgendwie in der Welt zu bleiben. Es ist eine schöne Vorstellung, ein Teil der Natur zu sein und beispielsweise einem Rosenbusch eine Wachstumsgrundlage zu geben. Doch nicht nur die Rückführung der Nährstoffe, die im menschlichen Körper gebunden sind, soll die Reerdigung besonders nachhaltig und sogar CO2-neutral machen. Der Kompostierprozess braucht nämlich – anders als die Verbrennung – keinerlei Energie und produziert auch kein zusätzliches Kohlenstoffdioxid.
Dem Wunsch vieler Menschen, nach dem Tod einem Rosenbüschlein oder einem Baum den Dünger zu liefern, steht also nichts im Wege. Noch muss das ganze von Gesetzes wegen auf einem Friedhof stattfinden. Der Humus muss hierzulande aufgrund des Bestattungszwangs auf einem Friedhof begraben werden.
Aber wer weiß, vielleicht kann man ihn auch bald in seinem Garten oder seiner Terrasse verwenden, dann hat man immer ein Stück neues Leben eines „Vorausgegangenen“ in seiner Nähe. Ein schöner und tröstlicher Gedanke.
FROHE OSTERN!